Lesezeit: 4 min.

5 Schritte zu einem besseren Gesundheitssystem

Schwerer Tanker

Das deutsche Gesundheitssystem setzt den Schwerpunkt auf Behandlung statt Gesunderhaltung. Außerdem ist es von den Leistungserbringern wie Ärzten, Krankenhäusern, Therapeuten aus strukturiert und nicht vom Menschen und seinem Gesundheitsziel. Ist er krank, muss er sich selbst quer durch die Sektoren bewegen.

Wie könnte man das bestehende Gesundheitssystem – ein schwerer Tanker – in Richtung Mensch, Gesunderhaltung und Effizienz drehen? Der Gesundheitswissenschaftler Helmut Hildebrandt von der Hamburger OptiMedis AG, ein Unternehmen, das regionale Versorgungskonzepte umsetzt, schlägt einen Fünf-Punkte-Plan vor.

1. Von der Bevölkerung aus planen und Zielquoten setzen

Mit integrierten und an den Bedarfen der Bevölkerung orientierten Versorgungsmodellen, wie sie z. B. vom Sachverständigenrat im Gesundheitswesen immer wieder gefordert werden, könnten viele bestehende Probleme im Gesundheitswesen gelöst werden. Der Gesundheitsstatus einer Bevölkerung verbessert sich, die Zufriedenheit der Patienten und Akteure im Gesundheitswesen steigt und gleichzeitig wird die Versorgung wirtschaftlicher. In solchen Systemen, wie sie beispielsweise im baden-württembergischen „Gesundes Kinzigtal“ und ganz neu mit „Gesunder Werra-Meißner-Kreis“ umgesetzt werden, schließen sich verschiedene Leistungserbringer und Netzwerkpartner wie Ärzte, Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen und örtliche Arbeitgeber zusammen und arbeiten gemeinsam an der Gesundheit ‚ihrer’ Bevölkerung. Prävention, Patientenaktivierung und Gesundheitsförderung stehen im Vordergrund.

Obwohl es mit den selektivvertraglichen Lösungen des § 140 a ff bereits Möglichkeiten gibt, solche innovativen Modelle umzusetzen, erfahren die Initiatoren im Dickicht der Regelungen und der festgefahrenen Strukturen des Gesundheitswesens starken Widerstand. Um innovative Modelle zu fördern, sollte der Gesetzgeber daher vorgeben, dass bis zum Jahr 2025 zehn Prozent und bis 2030 25 Prozent der deutschen Bevölkerung in entsprechenden Versorgungsmodellen betreut werden.

Im besten Fall produzieren solche Modelle keine höheren Kosten, sondern sparen sogar Kosten für die Versichertengemeinschaft ein. So jedenfalls das bereits erwähnte Modell im Kinzigtal, das sein Investment in den verbesserten Gesundheitsstatus der Bevölkerung seit Jahren aus den verringerten Aufwänden der Krankenkassen für die Krankheitsfolgekosten tragen kann.

2. Kommunen und Landkreise an Bord holen

Regionen und Kommunen haben ein Interesse an einer gesunden Bevölkerung und könnten Gesundheit mehr mitgestalten. Auch ihnen sollte neben den klassischen Leistungserbringern erlaubt werden, Verträge mit Krankenkassen für die integrierte Versorgung in ihrer Region zu schließen. Dazu müsste ihnen das Bundesversicherungsamt – die oberste Behörde der Krankenkassen – die Gesundheitsdaten ihres Gebiets zur Verfügung stellen; so könnten sie die Gesundheitsversorgung wirklich nach den Bedürfnissen vor Ort aufbauen. Gleichzeitig sollten Krankenkassen es begründen müssen, wenn sie nicht bereit sind, Verträge mit solchen regionalen Partnern zu schließen.

3. Neue Rolle für das Bundesversicherungsamt

Der Gesetzgeber sollte die Ausrichtung des Bundesversicherungsamts (BVA) – der Oberbehörde der Krankenkassen – von der aktuell eher restriktiven Aufsicht hin zu einer proaktiven Aufsicht verändern. Damit Krankenkassen den Anreiz und mehr Mut haben, neue Wege zu beschreiten, könnte der BVA künftig prüfen, ob die unter Punkt 1 vorgeschlagene Quote für eine an der Bevölkerung orientierte, integrierte Versorgung erreicht wird.

Blick in die Versorgungsrealität – Kinzigtal und Billstedt-Horn

play Created with Sketch.
4. Ergebnisse der Gesunderhaltung veröffentlichen

Im heutigen Gesundheitssystem haben die Krankenkassen keinen ausreichenden Anreiz, in neue Versorgungsmodelle zu investieren. Die Systematik des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs sorgt sogar dafür, dass gesündere Versicherte weniger Einnahmen bringen. Damit es für Krankenkassen attraktiv wird, ihre Mitglieder möglichst gesund zu erhalten und in die Ergebnisqualität zu investieren, könnte ein „Public Reporting“ eingeführt werden: Das heißt, die Kassen müssten dann berichten, welche Leistungsergebnisse sie hinsichtlich der positiven Veränderung der Krankheitslast geschaffen haben. Die Öffentlichkeit hätte einen Beurteilungsmaßstab, wie viel die jeweilige Kasse für Gesundheit leistet.

5. Ergebnisvergleich regionaler Netzwerke und anderer Zusammenschlüsse

Auch für die regionalen Zusammenschlüsse sollte es analog ein „Public Reporting“ geben: Ihre Leistungsergebnisse müssten veröffentlicht und verglichen werden. Dazu müssen die regionalen Zusammenschlüsse die Daten kennen und veröffentlichen. Wie stark wurde es beispielsweise geschafft, die Diabetesquote in der Bevölkerung gegenüber dem Start der Arbeit zu senken? Konnte der Antibiotikaeinsatz auf das zielgerechte Maß heruntergesetzt werden? Basis für derartige Erhebungen und Auswertungen wären die Routinedaten der Gesetzlichen Krankenversicherungen. Dies müssen regional für derartige Versorgungsverbesserungen erhältlich werden und der Öffentlichkeit gegenüber reportet werden. Selbstverständlich ist der Datenschutz für den einzelnen Versicherten dabei sicherzustellen. So kann bundesweit aus den Erfahrungen der jeweiligen Versorgungssysteme gelernt werden.

Zur Person

Dr. rer. medic. h.c. Helmut Hildebrandt hat im In- und Ausland bereits mehrere regionale Versorgungssysteme gemeinsam mit Partnern geplant und aufgebaut, in Deutschland etwa im badischen Kinzigtal, in den Hamburger Stadtteilen Billstedt und Horn oder im hessischen Werra-Meißner-Kreis. Er engagiert sich seit einigen Jahren u. a. im Vorstand des Bundesverbandes Managed Care und der International Foundation for Integrated Care, hat viele Jahre für die Weltgesundheitsorganisation an Präventionsprojekten mitgearbeitet und über 20 Jahre Krankenkassen, Verbände, Unternehmen und Einrichtungen der Gesundheitswirtschaft in Organisation, Strategie und Systementwicklung beraten.

Helmut Hildebrandt ist Gesundheitswissenschaftler, Apotheker und Vorstandsvorsitzender der OptiMedis AG.

Copyright Artikelbild: eckbartze / photocase

  1. Andrea

    Kliniken und Altenheime sind zu Unternehmen geworden und haben mit sozialen Dienstleistungen nicht mehr viel zu tun. Nur Geld verdienen und am Personal sparen. So kann auch keine Vorsorglich Pflege und Krankenversorgung gewährleistet werden.

    vor 1 Jahr
  2. Menschenrechtler

    Ist unser Gesellschaftssystem verlogen und scheinheilig?
    Bei der Zulassung, Sicherheit und Kontrolle von Medizinprodukten liegt ein Multiorganversagen vor. Politik und Kontrollbehörden unternehmen nichts, für Patienten ist diese Lethargie lebensgefährlich. Wo bleibt der Aufschrei? (Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/implant-files-versagen-politik-komm…). „Pharmaindustrie schlimmer als die Mafia“, vgl. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2015/02/06/pharm….
    Implantate mit Schwermetallen wie z.B. mit Quecksilber (Amalgam), Kobalt (Zahnkronen) und Gold führen zu Autoimmunkrankheiten, siehe http://toxcenter.org/artikel/Autoimmunfax.php.
    Wenn Titan in den Körper eingebracht wird, oxidiert es permanent. Die etwa bakteriengroßen Titanoxidpartikel werden dann vom Immunsystem als fremd angesehen und von den sogenannten Makrophagen (Fresszellen) gefressen. Mehr als 15 Prozent der Patienten entwickeln bei der Versorgung mit Titanimplantaten Entzündungen. „Wenn es erst einmal so weit kommt, ist es unheimlich schwer, solchen Patienten zu helfen“ (Quelle: https://www.welt.de/gesundheit/article8315256/So-gefaehrlich-koennen-Ti…).
    Titandioxid (TiO2) ist ohne Höchstmengenbeschränkung für Lebensmittel zugelassen. Als E 171 wird es Lebensmitteln, Zahnpasta und Medikamenten zugesetzt, denen es eine weiße Farbe verleiht. Zuckerguss, Kaugummis oder Marshmallows enthalten beispielsweise E 171 (vgl. z.B. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/77148/Titandioxid-Nanopartikel-W…). Titandioxid ist auch in Kosmetika bzw. Sonnenschutzmitteln enthalten.
    Titandioxid (E 171 bzw. Cl 77891) ist krebserregend.
    Basierend auf Inhalationsstudien an Ratten entschied das IARC, dass "ausreichender Beweis für Karzinogenität von Titandioxid an Versuchstieren vorliegt", daraus ergab sich die Gesamteinstufung der IARC "Titandioxid ist ein potenzielles Humankarzinogen (Gruppe 2b), siehe http://www.kronosecochem.com/khome.nsf/40900e4b325dda54852569b40034edf3….
    Titandioxid-Nanopartikel induzieren bei Mäusen DNA-Schäden und genetische Instabilität, siehe https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19887611.
    Titandioxid führt zu Rhythmusstörungen und veränderten EKG Werten, wie sie für Herzerkrankungen typisch sind, vgl. https://www.iww.de/mr/innere-medizin/nanopartikel-einige-nanopartikel-b… und
    https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/3107…. Herzrhythmusstörungen führen übrigens oft zu Schlaganfällen und zum Tod. Es ist offenbar nicht möglich, Menschenrechte durchzusetzen und Machtmissbrauch zu beseitigen. Deshalb gilt auch: Rechtsbrüche und Rechtsbeugungen sind systemkonform (s. Internet).

    vor 4 Jahren

Wollen Sie namentlich in der Diskussion genannt werden?

Abonnieren Sie unseren Newsletter!