1. Stechmücken als Krankheitsüberträger
Seit 2019 ist das West-Nil-Fieber in Deutschland meldepflichtig. Mitte August 2023 waren in ganz Europa gemeldet worden, davon verliefen 3 Fälle tödlich. Die meisten Fälle gibt es derzeit in Griechenland (26).
Seit 2007 sind in Deutschland fünf neue Mückenarten heimisch geworden, die tropische Krankheiten wie das West-Nil-Fieber, das Dengue-Fieber oder das Chikungunya-Fieber übertragen können. Es sind Mückenarten wie die Asiatische Buschmücke oder die Asiatische Tigermücke, welche jüngsten Modellierungen zufolge bis 2040 fast überall in Deutschland beste Lebensbedingungen vorfinden dürfte. Vereinzelt wurde auch schon die Gelbfiebermücke nachgewiesen.
Gestiegene Temperaturen beeinflussen nicht nur die Ausbreitung solcher Mücken – man nennt sie auch Vektoren von lateinisch vector, „Reisender“, „Träger“ – sondern auch ihre saisonale Entwicklung und die Entwicklung der Krankheitserreger, die sie in sich tragen. Ab gewissen artspezifischen Minimaltemperaturen werden physiologische Prozesse in Gang gesetzt, die sich – bis zu bestimmten maximalen Grenztemperaturen – mit steigenden Temperaturen beschleunigen. So setzen manche Stechmückenarten nach der Winterruhe ihre Larvenentwicklung im Frühjahr schon bei Temperaturen im unteren einstelligen Bereich fort, etwa die japanische Buschmücke bei vier bis fünf Grad Celsius.
Bei steigenden Temperaturen sind die Mücken stechfreudiger, das eingesaugte Blut wird schneller verdaut, die Eier bilden sich schneller und der gesamte Fortpflanzungsprozess beschleunigt sich. Das führt zu mehr Insekten als früher. Ebenso verlängert und intensiviert sich die saisonale Übertragungssaison.
Welche Stechmücken gibt es in Deutschland?
Darüber gibt der Mückenatlas Auskunft und ist somit auch ein gutes Frühwarnsystem zur Entdeckung neuer Arten in Deutschland. Dabei können alle Bürger:innen mitmachen, indem sie den Forschenden zufällige Funde von Mücken schicken. Zurzeit sind in Deutschland 52 Arten bekannt, darunter am häufigsten und am weitesten verbreitet so genannte „Überschwemmungsmücken“ (Aedes- und Culex-Arten).
2. Zecken als Krankheitsüberträger
Durch wärmere Temperaturen finden Zecken mehr Lebensräume
Mit dem Klimawandel verbessern sich auch die Lebensbedingungen für Zecken. Heimische Schildzecken können das FSME-Virus (ein Erreger der Hirnhautentzündung FSME) oder Borrelien (Erreger der Lyme-Borreliose) übertragen. Mit wärmeren Temperaturen ist beispielsweise in Eichen-Buchen-Mischwäldern mit Unterholz, schützender Laubstreu und ausreichend Wirten eine höhere Zeckendichte möglich. Wärmere Temperaturen bedeuten auch höhere Aktivität, kürzere Entwicklungsdauer und Überwinterung sowie höhere Überlebensraten der Zecken. Einzelne aktive Zecken wurden bereits ab einer Bodentemperatur von vier Grad beobachtet, nach milden Wintern gibt es im Frühjahr deutlich mehr Larven. Außerdem besiedeln Zecken auch Regionen, die bisher zeckenfrei waren, etwa auf Bergen, was wiederum steigende Raten an zeckenübertragenen Krankheiten nach sich ziehen kann.
3. Erwärmung der Meere: Vibrionen
Je wärmer die See, desto gemütlicher das Biotop: die Zahl der Vibrionen-Infektionen steigt.
Vibrionen sind Bakterien aus dem Meerwasser, die vor allem Wundinfektionen und schweren Durchfall verursachen, wenn sie über offene Wunden oder den Verzehr von rohen oder ungenügend gekochten Meeresfrüchten aufgenommen werden. Die Meeresoberflächentemperatur der Nordsee wird sich Hochrechnungen zufolge bis Ende des 21. Jahrhunderts um ein bis drei Grad Celsius erwärmen, die der Ostsee und drei bis vier Grad Celsius. Zunehmende Wärme im Biotop beschleunigt die Vermehrung der Vibrionen, mithin ist eine zunehmende Zahl entsprechender Infektionen zu erwarten. Dies auch, da sich die Badesaison durch Wärme verlängert und insbesondere ältere Menschen für Vibrionen-Infektionen gefährdet sind (demografischer Wandel).
Laut Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit 2023 des Robert Koch-Instituts ist die Zahl der gemeldeten Fälle von Vibrionen-Infektionen in Deutschland in den vergangenen Jahren gestiegen, vor allem in den Sommermonaten und an der Ostseeküste. Infektionen lassen sich reduzieren, wenn potenziell infektiöser Wasserkontakt vermieden wird, insbesondere sollten Menschen mit Wunden nicht im Meer baden. Auch extreme Niederschläge und Fluten können zu Ausbrüchen von Krankheiten führen, deren Erreger im Wasser leben.
4. Erwärmung von Flüssen und Seen: Legionellen
Im Süßwasser leben Legionellen, die schwere Lungenentzündungen, die Legionärs-Krankheit, verursachen können. Die Zahl der gemeldeten Fälle von Legionellosen ist in den vergangenen Jahren gestiegen, vor allem bei älteren Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen. Angesichts ansteigender durchschnittlicher Luft- und Bodentemperaturen ist es möglich, dass sich die Basistemperatur von Kaltwasser erhöht und sich die Legionellen drastisch vermehren – was wiederum zu einer erhöhten Legionellenkonzentration in Kalt- wie auch in Warmwasser führen könnte. Allerdings, merkt der Bericht an, gibt es schon seit langer Zeit den Begriff des Dosis-Wirkungs-Paradoxons. Will heißen: Eine höhere Legionellenkonzentration scheint nicht notwendigerweise mit einem erhöhten Risiko für die Legionellen-Krankheit einherzugehen. Nur manchmal. Und das noch: An Orten, wo der Klimawandel häufiger zu feucht-warmem Wetter führt, könnte es gelegentlich auch zu aus- bruchsartigen Fallhäufungen kommen. Warum? Vermutlich weil Autos Pfützenwasser auf Straßen aufwirbeln und sich aus dem Wasser mit Legionellen kontaminierte Aerosole bilden, die Menschen einatmen.
5. Erreger über Lebensmittel
Bis 2080 könnte sich die Zahl der Campylobacter-Fälle verdoppeln, so eine Projektion für Skandinavien.
Jeder kennt das: Im Sommer ist das Risiko etwa für eine Salmonellen-Infektion erhöht – zum Beispiel durch rohe Eier in Tiramisu. Krankheitsfälle steigen linear mit der Lufttemperatur um fünf bis zehn Prozent pro Grad Celsius. Je höher die Temperaturen, desto gedeihlicher die Lebensbedingungen für viele Krankheitserreger, die in Lebensmitteln leben. Befördert wird der Prozess, da im Sommer Kühlketten häufiger unterbrochen sind, etwa beim Grillen oder Picknick.
Was für Salmonellen gilt, trifft nicht minder zu für Infektionen mit Campylobacter. Das sind Bakterien, die natürlicherweise im Darm von Geflügel, Schweinen oder Rindern vorkommen, aber bei schlechter Hygiene oder Kühlung auf andere Lebensmittel oder Menschen übertragen werden können. Campylobacter ist die häufigste bakterielle Ursache für Durchfallerkrankungen beim Menschen in Deutschland und kann zu schweren Komplikationen wie dem Guillain-Barré-Syndrom führen. Vor allem in den Sommermonaten hat sich in den vergangenen Jahren die Zahl der gemeldeten Fälle von Campylobacter-Infektionen in Deutschland erhöht. Eine skandinavische Untersuchung hat bis zum Jahr 2080 eine Verdoppelung von Campylobacter-Fällen vorhergesagt.
6. Steigende Antibiotika-Resistenzen durch Wärme
Dass bakterielle Krankheitserreger resistent gegen Antibiotika werden, hat viele Gründe. Der Klimawandel kommt zur Liste der Ursachen hinzu. Nach einer Studie ist ein Temperaturanstieg von zehn Grad in einem experimentellen Laborumfeld mit einem Anstieg der Antibiotikaresistenz bei den häufigen Krankheitserregern Escherichia coli (plus 4,2 Prozent), Klebsiella pneumoniae (plus 2,2 Prozent) und Staphylococcus aureus (plus 2,7 Prozent) verbunden. Generell wird der Klimawandel Studien zufolge durch Temperaturerhöhungen, Veränderungen der Luftfeuchtigkeit und des Niederschlags wahrscheinlich zu einer Ausbreitung bakterieller Krankheitserreger, zu einem verstärkten Einsatz von Antibiotika – und damit zu einer Zunahme antimikrobieller Resistenzen in Europa führen.
Quelle:
Sachstandbericht Klimawandel und Gesundheit 2023 des Robert Koch-Instituts:https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/K/Klimawandel_Gesundheit/KlimGesundAkt.html
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