Die Geschichte der Gurtpflicht
Tür auf, einsteigen, anschnallen – und dann los! Der Griff zum Sicherheitsgurt im Auto ist für uns selbstverständlich. Klar, oder? Schließlich schützt das Rückhaltesystem mit Klick bei Unfällen vor schweren Verletzungen und rettet sogar Leben. Heute schnallen sich deshalb 99 Prozent der Erwachsenen in Deutschland im Auto laut ADAC ganz automatisch an. Das war nicht immer so, und deshalb griff der Staat ein und zum Gesetz, um das Präventionsmittel durchzusetzen – ein kurzer Blick in die Geschichte der Gurtpflicht.
Seit wann gibt es die Gurtpflicht in Deutschland?
Die Anschnallpflicht wurde in Deutschland am 1. Januar 1976 eingeführt. Zuerst galt sie nur für die Vordersitze, 1979 wurde sie dann auch auf die Rückbank ausgeweitet. Da der Staat auf freiwilliges Einsehen setzte, mussten Gurtmuffel damals keine Sanktionen befürchten. Doch die reine Gurtpflicht brachte die Anschnallquote nur auf 58 Prozent. Erst als zum 1. August 1984 ein Verwarngeld von 40 Mark bei Missachtung der Anschnallpflicht eingeführt worden war, änderte sich das Verhalten der meisten Menschen: Im September 1984 waren 92 Prozent der Autofahrer angeschnallt.
Warum wurde die Anschnallpflicht eingeführt?
Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Leben zu retten, denn damals starben sehr viele Menschen im Straßenverkehr. 1971 hatte die Zahl der Verkehrstoten mit 21.332 einen neuen Höchststand erreicht. Daher wurde 1972 die Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen auf 100 Stundenkilometer begrenzt, 1973 eine neue Promillegrenze von 0,8 eingeführt und für 1974 eine Gurt-Einbaupflicht in Neuwagen festgelegt. Zuvor waren bereits in rund 36 Prozent aller Autos Gurte installiert, jedoch schnallten sich laut einer Umfrage von 1972 nur 6 Prozent der Autofahrer an. Mit Werbekampagnen versuchte die Politik dann die Gurtanlegerquote zu erhöhen. Als das nicht klappte, kam es zur Gurtpflicht.
Gegner der Gurtpflicht
Das Anschnallen und auch die Gurtpflicht waren umstritten. Dabei war den Deutschen die Wirkung des Gurts klar: 90 Prozent hielten ihn 1974 „für ein notwendiges, da sinnvolles aktives Rückhaltesystem“, 81 Prozent waren für den Gurteinbau in Autos. Und trotzdem schlugen die Wogen hoch, als die Gurtpflicht eingeführt werden sollte: Man fürchtete, bei einem Unfall erwürgt zu werden, angeschnallt zu verbrennen, dass Helfer das Gurtschloss nicht mehr lösen oder Herzschrittmacher außer Dienst gesetzt werden könnten. Und manch einem war das Anschnallen einfach nur peinlich. „Soll und darf der liberale Staat die Auto-Bürger zum Überleben zwingen?“, brachte ein Nachrichtenmagazin die Diskussion auf den Punkt. Es war die Grundfrage, die große Präventionsmaßnahmen immer begleitet: Darf, muss man die Bürger vor sich selbst schützen? Wie viel Selbstschutz kann ein Staat verordnen?
Wie hat sich die Gurtpflicht ausgewirkt?
Die Zahl der Verkehrstoten hat stark abgenommen. 2021 kamen zum Beispiel in Deutschland 2.569 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben. Neben der Gurtpflicht hat übrigens auch der Airbag seit den 1990er Jahren die Zahl der Verkehrstoten stark reduziert.
Foto: lalihi / Photocase
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