Noch Anfang der 1980er war Gebärmutterhalskrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen und nicht heilbar. Heute ließe er sich dank einer Impfung verhindern. Welchen Weg die Medizin ging, berichtet Prof. Dr. med. Matthias W. Beckmann, Direktor der Frauenklinik der Universität Erlangen
Wie therapierte man Gebärmutterhalskrebs, als Sie ein junger Arzt waren?
Als ich 1979 anfing, Medizin zu studieren, war Gebärmutterhalskrebs noch der häufigste Tumor der Frau – und nicht Brustkrebs wie heute. Es gab keine vorbeugenden Maßnahmen, denn wir hatten ja keine Ahnung, wie er entsteht. Betroffene Frauen bekamen eine große Bauch-OP, bei der der Operateur die komplette Gebärmutter mit Eierstöcken und Lymphknoten entfernte. Bei fortgeschrittenem Krebs wurden die Frauen zusätzlich bestrahlt, geheilt werden konnten sie dadurch meist nicht.
Welche Fortschritte haben uns dahin gebracht, wo wir heute sind?
In den 1970er-Jahren wurde das gesetzliche Krebsfrüherkennungsprogramm eingeführt, bei dem wir bis heute einen Zellabstrich von der Oberfläche des Gebärmutterhalses und des Gebärmutterhalskanals nehmen. Ab da therapierten wir, wenn die dabei gefundenen Zellen auffällig waren. Das war ein Riesenfortschritt: Wir behandelten nicht länger Krebs, sondern auch seine Vorstufen! Das Auftreten von Gebärmutterhalskrebs sank drastisch. Nach und nach verbesserten sich auch die OP-Methoden: Wir fingen an, die Frauen minimalinvasiv zu operieren, entfernten bald nicht mehr alle Lymphknoten und später auch nicht mehr die komplette Gebärmutter, so dass gerade junge Frauen mit Gebärmutterhalskrebs trotz OP schwanger werden können. Wir gingen dazu über, Bestrahlung und Chemotherapie miteinander zu kombinieren, damit die Therapie effektiver wurde. Den wichtigsten Meilenstein bei der Behandlung von Gebärmutterhalskrebs verdanken wir einem deutschen Forscher: Harald zur Hausen fand heraus, dass das Humane Papilloma-Virus, kurz HPV, Gebärmutterhalskrebs auslöst. Als Student in Freiburg hatte ich zum ersten Mal in Zur Hausens Vorlesung gehört, dass Virusinfektionen für Krebs verantwortlich sein könnten. Ein paar Jahre später gelang es dem Krebsforscher, diese Vermutung zu beweisen. 2008 bekam er für seine Entdeckung den Nobelpreis der Medizin. Neben Gebärmutterhalskrebs löst das HP-Virus auch Krebs an den Schamlippen, am Penis und After, im Mund- und Halsbereich aus. HPV hat übrigens nicht das Geringste mit HIV zu tun: HPV kann die Zellen verändern, mit denen es lokal in Berührung kommt; HIV schwächt die Immunabwehr.
Was erhoffen Sie sich von der Zukunft?
Dass wir das Früherkennungsprogramm für Gebärmutterhalskrebs komplett abschaffen können. Das Ziel ist durch die HPV-Impfung erreichbar, die es seit ein paar Jahren gibt: Wären 80 Prozent der Jungen und Mädchen geimpft, ließen sich alle HPV-ausgelösten Krebsformen an den verschiedenen Geweben ausrotten, von denen ich sprach. Doch die Realität sieht anders aus: Nicht mal 40 Prozent der in Frage kommenden Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind geimpft. Das ist blamabel! Unsere Aufgabe in den kommenden Jahren wird es sein, die restlichen 40 Prozent von der Impfung zu überzeugen.
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Kommentare
Anonym
Mich würden zunächst einmal die Zuwendingen interessieren, die dieser Herr von der Pharmaindustrie erhält
Diese Imofung ist hochgradig risikoreich und die unzähligen Fälle von Nervenleiden, schwerste Behinderungen und Todesfälle sind hinreichen dokumentiert.
Warum nicht gleich in der pupertät eine Chemotherapie empfehlen statt sich mit Geld aus der Impfportokasse zu erlaben
Marita romboy
Es hat sich sehr viel getan technisch . Versorgung Medikamente ... Aber auch wenn man über 80 ist. Wird gesagt .... Ich kann nichts für sie tun.... Wenn eine OP ansteht dann ist es relevant.... ERBÄRMLICH....
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